Yukon River Quest

Erstellt am 27. August 2019

Anfang November ergatterten wir einen der raren Startplätze für den „Yukon River Quest“ 2019. Wir hatten Glück, denn das Rennen ist limitiert auf 125 Teams und blitzschnell ausgebucht. Mit uns meldeten sich noch 6 weitere Teams aus Deutschland an, aus Dresden, Nürnberg, Eichwalde und dem Spreewald.

Die Teilnahme erfordert erst einmal jede Menge von Organisatorischem. Team-Namen wählen, Startgeld bezahlen, Renn-Regeln studieren, Versicherungen abschließen, Flüge, Kajak und Camper buchen, Unterstützung vor Ort organisieren, die notwendige Ausrüstung beschaffen ...  Und natürlich die intensive sportliche Vorbereitung.  

Um letzteres zu optimieren, suchten wir uns einen geeigneten Verein und landeten so schließlich hier beim TiB!!! Gepaddelt wurde ab sofort bei jeder Gelegenheit, solange die Gewässer eisfrei waren auch im Winter. Und nach über 1.200 km - u.a. mit der Teilnahme an der Dessauer Berg- und Talrallye, dem MMMM, einer winterlichen Nachtfahrt von Lübbenau nach Oberspree und einem Wochenende mit Märkischer Umfahrt - waren wir gerüstet.

Drei Tage vor dem Start kamen wir in Whitehorse an. Jetzt hieß es Camper übernehmen, unser Boot – einen WK640 – fitten, Trainingsrunde absolvieren, die anderen Teilnehmer beim „Meet and Greet“ kennenlernen, Anmeldeprocedere, Ausrüstungscheck, Racer-Briefing, Verpflegungsbeschaffung …

Mittwoch 12:00 Uhr war es dann soweit. 117 Teams der verschiedenen Bootsklassen aus 13 Nationen – insgesamt 290 Paddler – starteten gutgelaunt und angefeuert von hunderten Schaulustigen ins Rennen. Die Ausgangsbedingungen waren denkbar schlecht – ungewöhnlich wenig Wasser und starker Gegenwind machten den Teams zu schaffen.

Nach dem anfänglichen 30 km langen Flussabschnitt ging es sofort richtig zur Sache. Über einen 50 km langen See zu paddeln ist für viele sowieso eine beängstigende Vorstellung. Und der riesige „Lake Laberge“ zeigte sich mit kräftigen Böen, starkem Regen und ordentlich Welle auch gleich von seiner unfreundlichen Seite. Wir waren auf diese Bedingungen aber eingestellt und kamen gut damit zurecht. Gegen 22:00 Uhr lagen der See und die ersten gut 80 km hinter uns.

Jetzt paddelten wir durch die atemberaubend schöne Landschaft des Yukon. Karge Steilufer des mäandernden Flusses wechseln sich hier ab mit bewaldeten Uferregionen. Häufig sieht man Spuren von Jahre zurückliegenden Waldbränden und man kann immer wieder Artefakte aus Zeiten des Goldrauschs entdecken. Es gibt jede Menge Weißkopfseeadler und mit ein wenig Glück auch Elche und sogar Bären zu beobachten.

Das Feld war mittlerweile so weit auseinandergezogen, dass wir kaum noch anderen Booten begegneten. So ging es in die erste Nacht. Es wird hier zu dieser Zeit zwar nicht richtig dunkel, aber oft empfindlich kalt. Gegen Kälte und Müdigkeit halfen wir uns mit „Zwiebellook“, regelmäßigem Essen und Trinken, Gesprächen und lauter Musik.

Kurz nach 18:00 Uhr des zweiten Tages erreichten wir nach 300 km Carmacks. Hier erfolgte der erste von zwei Pflichtstopps. Es gab Essen und eine Mütze Schlaf und nach 7 Stunden ging es in die zweite Nacht. Noch gut 400 km lagen vor uns.

Zu Beginn dieser Etappe, nach rund 30 km, erreichten wir die berühmten Stromschnellen – die „Five Finger Rapids“, an denen zu Zeiten des Goldrauschs Viele ihr Hab und Gut oder gar ihr Leben verloren. Aufgrund des niedrigen Wasserstandes fielen diese Highlights aber doch recht harmlos aus.

Jetzt änderte sich auch die Landschaft. Sie erscheint weiter und beeindruckender. Der Fluss wird zunehmend breiter und unübersichtlicher mit vielen Inseln, Sandbänken und Kanälen. Somit wurde es für uns auch immer schwieriger, den Hauptstrom und damit die optimale Linie zu finden. Etliche Nebenflüsse sorgten erfreulicherweise für etwas mehr Wasser und Strömung, dafür frischte aber der Wind wieder auf und ärgerte uns fast bis Kilometer 533. Hier erfolgte in Coffee Creek der zweite Pflichtstopp mit 3 Stunden. Danach ging es in die 3. Nacht.

Die letzten 120 km wurden noch einmal besonders spektakulär. Der „White River“ lässt den Yukon auf mehr als das Doppelte anschwellen. Der Fluss wird hier unendlich breit und mäandert in gigantischen Loops, die wie riesige Skipisten anmuten. Und auch die Strömung wurde jetzt vielerorts merklich schneller. Es machte wieder richtig Spaß zu paddeln und die Landschaft zu genießen. Wenn da nur nicht diese Hitze wäre…

Dann lag es plötzlich vor uns – Dawson City! Nach offiziell 67 Stunden 55 Minuten und 58 Sekunden Fahrzeit ertönte das Ziel-Horn. Wir hatten es geschafft und wurden im Ziel auf das Herzlichste empfangen. 715 verdammt anstrengende aber auch wunderschöne Kilometer lagen hinter uns.

Am Sonntag gab es dann das abschließende „Awards Dinner“ mit Imbiss, Siegerehrung und Danksagung. Eine fröhliche Veranstaltung mit viel guter Laune und ein bisschen Wehmut, da das Abenteuer ja jetzt zu Ende war.

Schnell waren Müdigkeit, Kälte, Halluzinationen und Schmerzen vergessen. Nur ein paar schwindende Blasen an den Händen erinnerten noch ein paar Tage an die zurückliegenden Strapazen.

Von 117 gestarteten Teams haben lediglich 86 das Ziel erreicht. Die außergewöhnlich harten Bedingungen haben fraglos ihren Tribut gefordert. Wir belegten in der Klasse „Mixed Tandem Kayak“ den 6. Platz (von 9) und den 72. Platz (von 117) „overall“. Wir sind mit unserem Ergebnis hochzufrieden. Die Mühen der Vorbereitung haben sich wirklich gelohnt.

https://www.yukonriverquest.com/